Die User Experience einer Website, einer App oder eines digitalen Service entscheidet maßgeblich über ihren wirtschaftlichen Erfolg. Da setzen ihre Anbieter doch alles daran, sie so gut wie möglich zu gestalten - sollte man zumindest meinen. Ein Blick auf die aktuellen Praktiken zeigt jedoch, dass ein optimales Nutzererlebnis keine Selbstverständlichkeit ist.
Pegasystems nennt die sieben Todsünden des User Experience Designs.
- Datengier: Vor allem E-Commerce-Plattformen und Online-Händler gestalten die Abfragen zu Cookies- und Tracking-Einstellungen oft zu ihrem Vorteil und nicht im Sinne der besten User Experience. So können die Nutzerinnen meist mit einem einzigen Klick einer maximalen Datenerhebung zustimmen, müssen aber mehrere Schritte und Klicks durchlaufen, um sie abzustellen. Damit wird es den Nutzern absichtlich schwer gemacht, ihre Daten zu schützen.
- Verführung: Insbesondere auf Portalen von Reisevermittlern, Billigfluglinien und Autovermietungen sind Muster der so genannten „Dark UX“ eine verbreitete Praxis: Erlerntes Nutzerverhalten wird zur Gewinnmaximierung missbraucht. Dabei werden beispielsweise Primär-Buttons, die eigentlich immer ein- und demselben Zweck dienen, etwa der Bestätigung oder Navigation, plötzlich für etwas ganz anderes eingesetzt – nämlich den Kauf einer Zusatzleistung.
- Bevormundung: Viele Streaming- und Social-Media-Plattformen spielen ohne Einwilligung der Nutzerinnen automatisch vermeintlich individuell präferierte Inhalte ab. Damit suggerieren sie Komfort und Personalisierung, wollen aber in Wahrheit vor allem die Engagement-Rate ihrer Services erhöhen. Dafür nehmen sie es in Kauf, ihre Nutzer zu bevormunden und ihnen ihre Entscheidungsfreiheit abzuerkennen.
- Hinterhältigkeit: Oft erhalten Nutzerinnen zeitlich begrenzte und kostenlose Probeangebote zu Services nur, wenn sie ihre Zahlungsdaten hinterlegen. Nach Ablauf der Testzeit können die Anbieter dann problemlos Rechnungen stellen, wenn die Nutzer es versäumen zu kündigen. Die Anbieter setzen gezielt auf die Vergesslichkeit der Kundinnen, um aus kostenlosen Angeboten möglichst viele kostenpflichtige Services zu machen.
- Faulheit: Allzu oft machen Betreiber von Websites eigene Probleme einfach zu Problemen ihrer Nutzer. Ein Beispiel dafür ist etwa der Einsatz von Captchas. Die Nutzerinnen werden aufgefordert, Zeichen und Symbole zu identifizieren, um Spam durch Bots und automatische Datenextraktion von Websites zu verhindern. Dadurch sparen sich die Betreiber die Kosten für die Implementierung eigener Spamfilter.
- Trägheit: Oft hapert es bei Webseiten, Apps und digitalen Services an der Reaktionsfähigkeit ihrer Benutzeroberflächen. Die Nutzerinnen können deshalb nicht flüssig mit ihnen interagieren und ärgern sich über lange Ladezeiten, anstatt sich mit den Inhalten zu beschäftigen. Die Reaktions- und Ladezeiten haben aber einen entscheidenden Einfluss auf die Aufmerksamkeit der Nutzer und sind ein ausschlaggebender Faktor dafür, ob sie eine Website, eine App oder einen Service erneut verwenden.
- Schlamperei: Werden Drittservices, beispielsweise zur Abwicklung des Bezahlprozesses, eingesetzt, sollten sie so tief integriert sein, dass sie den Nutzerinnen einen nahtlosen Gebrauch ermöglichen. In manchen Fällen ist die Integration von den Anbietern aber nur oberflächlich realisiert und zwingt die Nutzer dadurch, umständlich zwischen verschiedenen Systemen hin und her zu springen.
„Solche Methoden und Nachlässigkeiten sollten sich Anbieter besser verkneifen“, sagt Maciej Szaniawski, Innovation & Design Lead EMEA bei Pegasystems. „Sie mögen vielleicht kurzfristig sogar zu Einsparungen oder steigenden Umsätzen führen, wirken sich aber langfristig verheerend aus. Die Nutzer werden frustriert, verärgert und verlieren das Vertrauen – und werden sich in der Folge einfach abwenden.“