Zur Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels am 11. Dezember 2016 erläutert Laurent Moureu von bei ALE Switzerland, warum der Tunnel nicht nur ein beeindruckendes Zeugnis höchster Ingenieurskunst darstellt, sondern auch eines der ersten großen Projekte ist, in dem modernste IoT-Technologie für eine völlig neue Bereitstellung von Services sorgt.

In dem Tunnel, der zu den anspruchsvollsten Betriebsumgebungen der Welt gehört, wird über ein Netz von IoT-Geräten rund um die Uhr die Sicherheit der Passagiere und Fahrzeuge sichergestellt. Der Gotthard-Basistunnel wird jeden Tag rund 9.000 Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 250 Kilometern in der Stunde durch die Alpen transportieren. Außerdem werden täglich bis zu 260 Güterzüge den Tunnel passieren, die wesentlich länger und schwerer sind als bisher.

Einschließlich der Zugangsstollen und Quertunnel sind etwa 152 Kilometer Tunnel zu vernetzen. Dabei muss die Konnektivität in dem gesamten Bereich durch extrem zuverlässige IP-Netzwerke hergestellt werden. Denn selbst die kleinste Unterbrechung des Netzwerks durch ineffizienten Datentransfer oder Engpässe kann zu Verspätungen führen und im schlimmsten Fall sogar die Sicherheit der Arbeiter und Passagiere gefährden.

Ein großer Teil der Technologie ist automatisiert. Das bedeutet, dass ein äußerst stabiles und zuverlässiges Datennetzwerk nötig ist, um wichtige Betriebsdaten in den Tunnel und aus dem Tunnel zu übertragen. Eine IoT-Umgebung ist auf funktionierende Echtzeit-Kommunikation zwischen den IP-Geräten – den „Dingen“ im Internet of Things – angewiesen, um sekundenaktuelle Betriebsdaten zu erfassen und den Betreibern damit die Informationen zu geben, die sie brauchen, um den reibungslosen, sicheren Betrieb aller Systeme im Tunnel zu gewährleisten.

Vorsicht an den Türen
Die Türen sind ein gutes Beispiel. Wenn eine der Türen zu den Servicebereichen oder Zugangsstollen nicht ordnungsgemäß geschlossen wird, entsteht bei der Durchfahrt eines Hochgeschwindigkeitszugs ein Druck, der die Systeme im Tunnel erheblich beschädigen kann. An das IoT angeschlossene Geräte im Tunnel überwachen 24 Stunden am Tag alle Türen und senden automatisch einen Alarm an das Kontrollzentrum, wenn eine Tür nicht sicher geschlossen ist, obwohl sie es sein sollte.

Wenn man dann auch noch an die vielen Sensoren, Überwachungskameras, Anlagen für die Belüftung und Entwässerung sowie die Kommunikations- und Kontrollsysteme im gesamten Bereich denkt, die alle Echtzeitdaten senden oder empfangen, versteht man schnell, warum zuverlässige Konnektivität so wichtig ist.

Die Punkte verbinden
Es ist Aufgabe des Datennetzwerks – besser: der Datennetzwerke, denn in den beiden parallelen Tunneln sind separate Netzwerke installiert –, alle diese IP-basierten Endpunkte des IoT zusammenzubringen und die Daten in die Kontrollzentren des Tunnels zu übertragen. Das Netz muss belastbar genug sein, um zu allen Zeiten, bei allen Temperaturen und in allen Umgebungen zu funktionieren. Das heißt natürlich, dass auch die Daten-Switches widerstandsfähiger sein müssen als üblich. Sie müssen auch unter ungünstigsten Bedingungen einen ununterbrochenen Datenverkehr und eine absolut fehlerfrei Kommunikation sicherstellen.

Unter einem Schweizer Berg ist es nicht gemütlich
Die Größe des Tunnelkomplexes und die Abgeschiedenheit einiger Servicebereiche führen dazu, dass viele der eingesetzten Netzwerkkomponenten über lange Zeiträume mitten im Tunnel funktionieren müssen – fernab von sicheren Datenzentren mit kontrollierten Umgebungsbedingungen. Es geht aber nicht nur um den Standort. In Teilen des Tunnels können Temperaturen von bis zu 40° Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 70% auftreten – wesentlich mehr, als Daten-Switches üblicherweise aushalten müssen.

Metallstaub – kleine Partikel, großes Problem
Und dann gibt es noch den Staub. Schon in normalen Unternehmensumgebungen können Staub und andere Partikel in der Luft irgendwann zu Problemen führen. In einem Eisenbahntunnel kann insbesondere der Metallstaub, der von den Bremsen der Züge freigesetzt wird, erheblichen Schaden an den Netzwerkkomponenten anrichten. Dazu kommen elektromagnetische Interferenzen und Vibrationen, die beim ganz normalen Betrieb entstehen.

Zusammen ergibt das eine Umgebung, in der Standard-Switches eine erheblich verkürzte Lebensdauer hätten und Probleme verursachen könnten. Für ein zuverlässiges, sicheres und belastbares Netzwerk im Gotthard-Basistunnel war deshalb der Einsatz von besonders widerstandsfähigen Komponenten unabdingbar.

Für die Ewigkeit gebaut – das verstärkte Netzwerk
Im Gotthard-Basistunnel haben wir es mit einem verstärkten Netzwerk zu tun. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Switches, Access Points und Router zum Einsatz kommen, die standardmäßig integrierte Sicherheit, dynamisches Tuning der Netzwerkleistung für die Bereitstellung von Echtzeit-Applikationen und zuverlässige IP-Breitband-Konnektivität bieten. Anders gesagt: Das Netzwerk wird mit Hardware-Komponenten gebaut, die speziell für den industriellen Einsatz entwickelt wurden.

Die Konzeption und Implementierung des Datennetzwerks übernahmen die Spezialisten von Alpiq InTec. Sie setzten aus mehr als 450 Alcatel-Lucent OmniSwitch 6855, besonders widerstandsfähigen LAN-Switches, den Backbone des Datennetzes im Tunnel zusammen. Ein geringer Bedarf an präventiver Wartung und Instandsetzung ist ganz wichtig, wenn man ein Netzwerk bis zu 2,3 Kilometer unter einem Berg installiert. Die eingesetzten Switches sind deshalb mit Konvektionskühlung ausgestattet, die keine Lüfter nutzt, sondern Wärmeableiter. Das minimiert die Gefahr, dass Metallteilchen in das Gerät eindringen und die internen elektrischen Komponenten beschädigen.

Mit einem Standardnetz undenkbar
Durch dieses spezielle, extrem widerstandsfähige Netzwerk kann im Gotthard-Basistunnel IoT-Technologie genutzt werden, was mit einem Standardnetzwerk nicht möglich wäre. Und dieses Netzwerk gewährleistet das hohe Serviceniveau, das man braucht, um im längsten, sichersten und am besten vernetzten Tunnel der Welt jeden Tag 9.000 Passagiere sicher und komfortabel zu transportieren.

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