Das Edge-Computing-Zeitalter ist branchenübergreifend angebrochen. Auch der Automobilsektor bildet keine Ausnahme. Im Hinblick auf die Optimierung der Fertigungs- und Logistikprozesse und die Umsetzung innovativer Industrie-4.0- und IoT-Szenarien gewinnt gerade das Thema Factory Edge zunehmend an Bedeutung.

Wolfram Richter, Manager Solution Architects Deutschland bei Red Hat, zeigt mögliche Anwendungsszenarien auf.

Die Automobilbranche ist derzeit im Umbruch. Zum einen modernisieren die Hersteller die Produktionsprozesse, um neue Modelle schnell, sicher, kosteneffizient und umweltschonend zu fertigen und zu liefern.

Zum anderen erhöhen sie den Grad der Agilität von Produktionsanlagen durch Automatisierung, Smart Manufacturing oder KI-Nutzung, um den Übergang von einer starren Massenproduktion zu einer kundenindividuellen Fertigung zu unterstützen.

In beiden Fällen besteht die Notwendigkeit, umfangreiche Datenmengen schnell zu analysieren. Und diese Aufgabe fällt zu einem großen Teil direkt an der Produktionslinie mit einer Vernetzung von IT und Anlagen oder Steuersystemen an, also an der Factory Edge.

Generell geht es beim Edge Computing um die Verlagerung der Datenverarbeitung von zentralisierten Rechenzentren an entfernte, verteilte Standorte, im Fall von Factory Edge etwa an ein Device wie einen Roboter in der Fabrikhalle.

Dadurch ergeben sich verschiedene Vorteile: Wenn Rechenoperationen einschließlich Datenverarbeitung und -analyse näher an der Quelle durchgeführt werden, bestehen keine Herausforderungen hinsichtlich Latenz oder Bandbreite. Zudem werden durch die Reduzierung von Übertragungsverzögerungen auch Serviceausfälle vermieden.

Durch diese Leistungsmerkmale und Vorteile ist Edge Computing in der Fertigung die ideale Basis für die stärkere Vernetzung von Produktion und Logistik sowie für die Optimierung der Produktionskapazitäten und Logistikprozesse – und damit für die Umsetzung der aktuellen Initiativen der Automobilhersteller.

Typische Factory-Edge-Anwendungsszenarien sind:

  • Asset Management
  • Predictive Maintenance
  • Sichtprüfung und fertigungsbegleitende Qualitätskontrolle
  • End-to-End-Rückverfolgbarkeit und Datenerfassung in der gesamten Lieferkette
  • Produktionsplanung
  • Einzelfertigungen (Losgröße 1)
  • Data-Sharing-Services

Zentrale Treiber für Factory Edge sind vor allem auch IoT- und Industrie-4.0-Projekte, die das neue automobile Zeitalter maßgeblich bestimmen. Die Initiative Open Manufacturing Platform (OMP) etwa arbeitet an der Entwicklung von innovativen Industrie-4.0-Lösungen und IoT-Anwendungen für die Automobil- und Fertigungsindustrie.

Der OMP gehören unter anderem die BMW Group, Microsoft und Red Hat an. Ziel der Initiative ist, durch Open Source und offene Standards die Digitalisierung der Produktion zu forcieren, gerade im Kontext der Factory Edge und des Industrial Internet of Things (IIoT). Red Hat wirkt in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiv mit, unter anderem beim Thema "IoT Connectivity".

Aufgabe ist die Erarbeitung von Konzepten für die Anbindung von IoT-Devices und Maschinen an die Cloud, um Produktionslinien zu digitalisieren und Cloud-basierte IoT-Anwendungen zu verbessern.

Cloud ist auch das entscheidende Stichwort, wenn es um die Vernetzung der IT mit den Anlagen oder Steuersystemen direkt an der Produktionslinie geht. Herkömmliche IT-Architekturen bieten durch ihre Limitierungen hinsichtlich Agilität und Flexibilität, Schnelligkeit oder Skalierbarkeit keine adäquate Basis für Edge-Implementierungen.

Dafür sind Hybrid-Cloud- oder Multi-Cloud-IT-Infrastrukturen letztlich die einzig praktikablen Lösungen, da sie die Bereitstellung von Anwendungen in kurzen Entwicklungszyklen in einer dynamisch skalierbaren Umgebung ermöglichen. Wichtig ist nur, dass eine offene Hybrid-Cloud-Plattform auch eine umfassende Edge-Unterstützung bietet.

Klar ist, dass die Zukunft der Automobilindustrie in softwaregesteuerten, autonomen, vernetzten Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb und in einer Verknüpfung von Produktions- und Lieferketten liegt. Verbunden damit sind gravierende Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette der Hersteller: von der Forschung und Entwicklung über den Vertrieb bis hin zu Produktion und After Sales.

Und eine Schlüsselkomponente für die Umsetzung der Veränderungen ist Factory Edge als Basis für innovative Industrie-4.0- und IoT-Szenarien – und damit für effiziente und intelligente Geschäftsprozesse, die die Entwicklung smarter Fahrzeuge unterstützen.

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