Generative KI hat dieses Jahr im Banking einen riesigen Sprung gemacht. Viel schneller als erwartet gingen erste Anwendungen produktiv. Für die Zukunft ist noch einiges zu erwarten, etwa beim Kampf gegen den Fachkräftemangel oder der Ablösung von Legacy-Systemen. Es ist aber nicht alles rosarot.

Von Michael Baldauf, Industry Principal Financial Services Senior Director bei Pegasystems

Sind wir mal ehrlich: Anfang des Jahres dachten wir doch alle, 2024 wird das Jahr des großen Herumprobierens und Experimentierens mit generativer KI. Vielleicht wird die ein oder andere Bank auch schon das ein oder andere Pilotprojekt starten. Aber Anwendungen im produktiven Einsatz werden wir sicher noch nicht erleben.

Zumal es da ja auch noch das große Problem mit den Halluzinationen gab. Wie können wir GenAI bloß davon abhalten, einfach Informationen zu erfinden, die nichts mit der Realität zu tun haben? So schnell werden wir dieses Problem wohl nicht in den Griff bekommen.

Doch weit gefehlt! Die ersten Use Cases sind nämlich längst live. Retrieval Augmented Generation, kurz RAG, verpasst der generativen KI eine Art Wahrheitscheck, indem sie dafür sorgt, dass die Antworten der GenAI auf geprüften Unternehmensinformationen basieren. Das Risiko für Halluzinationen ist dadurch deutlich gesunken.

Erste Finanzinstitute setzen Chat-Systeme mit generativer KI bereits an einigen Stellen in der Kundeninteraktion produktiv ein und auch in internen Prozessen wird sie schon genutzt, etwa um schnelle Auskünfte zu Vertragsbedingungen oder umfangreiche Gesetzeswerke zu erhalten.

Auch im Designprozess von neuen Anwendungen ist GenAI bei Finanzinstituten heute schon im Einsatz. Sie formulieren einfach natürlichsprachlich die Zielsetzung der Anwendung und Generative KI leitet daraus strukturierte Vorschläge für Workflows und Prozesse ab. Damit beschleunigen die Finanzinstitute die Entwicklung und Markteinführung neuer Anwendungen erheblich.

Außerdem hat GenAI im Laufe des Jahres auch der analytischen und prädiktiven KI einen gehörigen Schub verliehen und ihre Nutzung vereinfacht. Früher lieferten Next-Best-Action-Systeme reine Daten, die von Menschen erst noch interpretiert werden mussten. Heute schlägt generative KI die nächsten Schritte vor und erstellt dazu auch gleich Vorlagen für die E-Mails.

2025 werden diejenigen Finanzinstitute, die bereits erste Anwendungen implementiert haben, diese in größerem Stil ausrollen und in der Breite einsetzen. Ihr Vorsprung wird sich dadurch weiter vergrößern. Es waren nämlich die Innovationsführer unter den traditionellen Banken, die im vergangenen Jahr mit GenAI produktiv gingen und durch den breiteren Einsatz wird ihr Innovationsvorsprung vor aller Augen deutlich sichtbar werden.

Für die Zukunft ist auch denkbar, dass es Finanzinstituten tatsächlich gelingt, den Fachkräftemangel durch Generative KI signifikant auszugleichen. Netzwerke aus spezialisierten digitalen Agenten, die selbstständig interagieren, sich gegenseitig Aufgaben übertragen und voneinander lernen, galten bislang als großer Wunschtraum.

Nun rücken sie in greifbare Nähe. Und auch für das Dauerproblem Legacy-Systeme gibt es berechtigte Hoffnungen. Es existieren inzwischen Lösungen, die Alt-Programme mit einer Kombination aus Analytics AI und GenAI innerhalb weniger Minuten analysieren und komplett dokumentieren. Im Jahr 2025 werden erste Finanzinstitute diese Möglichkeit zur Ablösung von Legacy-Systemen zu nutzen.

Also alles eitel Sonnenschein mit GenAI? Nicht ganz. Generative KI zwingt uns zu einem ganz neuen Umgang mit Informationen – und das bringt durchaus Herausforderungen mit sich. Wenn wir Informationen erhalten, müssen wir uns von der reinen Information lösen und uns intensiv mit ihrer Entstehung auseinandersetzen.

Das KI-Gesetz der Europäischen Union macht Unternehmen ja bereits umfangreiche Vorgaben für faire und transparente KI-Systeme und es existieren auch bereits Lösungen, mit denen sie diese Anforderungen erfüllen können. Betrüger wird dieses Gesetz aber natürlich nicht von ihrem kriminellen Tun abhalten.

Und generative KI gibt ihnen die Möglichkeit, den Banken Informationen unterzuschieben, die so perfekt aussehen, dass sie nicht als Fälschungen zu erkennen sind – bis hin zu kompletten Fake-Profilen in den sozialen Medien. Darauf müssen wir Antworten finden.

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