Was geht wohl in einem Kunden vor, der tagelang auf sein neues Handy, das dringend benötigte Werkzeug oder die Designer-Uhr für den Geburtstag seiner Liebsten warten muss? Er wird sich höchstwahrscheinlich ärgern und beim nächsten Mal zu einem schnelleren Anbieter wechseln. Was für das Beispiel E-Commerce gilt, ist in ganz ähnlicher Weise auch in vielen anderen Branchen zu beobachten.
Ein Beitrag von Ileana Honigblum, Vice President Sales & Managing Director DACH bei Pegasystems.
Die Erwartungen der Kunden sind hoch, die Konkurrenz ist groß und die Taktzeiten werden immer schneller. Unternehmen, die diese Latte nicht überspringen, riskieren abgehängt zu werden. In dieser Situation hilft es, sich einmal die drei konkurrierenden Imperative vor Augen zu führen, die Unternehmen miteinander verknüpfen müssen, um im Wettbewerb zu bleiben:
Erstens die schnelle Umsetzung immer anspruchsvollerer Kundenservices, zweitens die Erhöhung der Produktivität angesichts und trotz angespannter Personallage und drittens interne organisatorische Strukturen, die operative Aktivitäten im Sinne der Business-Strategie nicht blockieren, sondern fördern. Medienbrüche, fragmentierte Workflows und gegeneinander abgeschottete Silos sind Gift für Unternehmen, die Kundenorientierung wirklich ernst nehmen und umsetzen wollen.
Das Konzept des Autonomous Enterprise schält sich dabei als Blaupause für Unternehmen heraus, die sich diesen Herausforderungen stellen. Auch hier sind es wieder drei Parameter, die diesen Ansatz charakterisieren: Er ist KI-getrieben, automatisiert End-to-End und ist selbstoptimierend. Wie wir immer wieder erfahren, sind schnelle UND richtige Entscheidungen der Schlüssel zu hoher Kundenzufriedenheit und entsprechender Wertschöpfung.
Dafür muss jede Transaktion in Echtzeit geprüft werden, um sicherzustellen, dass dafür die jeweils ideale Aktion (Next Best Action) oder eventuell auch ein Bündel von Aktionen ausgelöst wird. Ideal bedeutet dabei zweierlei: extern das attraktivste Angebot für den Kunden und gleichzeitig intern das Einzahlen auf die übergeordnete Business-Strategie des Unternehmens. Beides in Einklang zu bringen, ist quasi die hohe Kunst als tägliche Praxis.
Dafür ist KI-Unterstützung ebenso zwingend wie die durchgängige Automatisierung von Prozessen und Workflows. Warum sollten sich ebenso knappe wie wertvolle Mitarbeiter mit Routineaufgaben beschäftigen, die ein Automatismus genauso gut erfüllen kann? Das ist weder unter Effizienz-, Kosten- noch Motivationsaspekten sinnvoll. Und gut gemachte automatisierte Prozesse sorgen aus Sicht der Kunden für einen gleichbleibend hohen Service-Level.
Die Palette der dafür zur Verfügung stehenden KI-Technologien ist groß: Natural Language Processing (NLP) ist aus den Kunden-Interaktionen ebensowenig mehr wegzudenken wie Robotic Process Automation (RPA) bei der Optimierung interner Prozesse. Diese Optimierung, und damit sind wir beim dritten Punkt, erfolgt im Autonomous Enterprise laufend, lernend und vor allem zielgerichtet.
KI-gestütztes Process Mining trackt ständig sowohl das Frontend (die Kundenservices) als auch das Backend (die Office-Funktionen) und verbindet beides aus der zentralen Sicht der Kunden-Interaktionen (Center out). So wie Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung, in Fabriken für längere Maschinenlaufzeiten und kürzere Ausfallzeiten sorgt, liefert Process Mining ständig adaptive Vorhersagemodelle für potenzielle Verzögerungsursachen. Flaschenhälse, Nacharbeiten oder überflüssige Prozessschleifen werden dadurch rechtzeitig eliminiert, bevor sie Abläufe einbremsen oder anderweitig stören.
Bislang hat es noch kein Unternehmen geschafft, ansatzlos auf Autonomous Enterprise umzuschalten – und das wird auch in Zukunft kaum passieren. Es ist vielmehr ein Prozess, ein Weg, eine Reise, die da angetreten wird. KI-gestützte Automatisierung erfolgt iterativ in idealerweise gut geplanten und aufeinander abgestimmten Projektphasen. Eines ist aber auch klar: Allzu viel Muße sollte man sich dabei nicht gönnen. Denn wie gerade der Hype um ChatGPT zeigt, wird die Latte ständig höher gelegt.