Beim Stichwort Cybersecurity denkt man zunächst einmal an die Absicherung gegen unberechtigte Zugriffe auf ein Netzwerk oder an Datendiebstahl. Dass Cyber-Angriffe Produktionsbetriebe jedoch sogar komplett lahmlegen können, wird häufig nicht bedacht.
Die Funktionalität einer Maschine kann z.B. beeinträchtigt werden, wenn sie durch sogenannte Kontaktplanlogik infiltriert wird. Es handelt sich dabei um eine graphische Programmiersprache, die auf ein Steuergerät oder eine programmierbare Steuerung gespielt wird. Dieser Low-Level-Code wird nicht aktualisiert und High-Priority-Geräte werden sowieso selten rebootet. So hat der injizierte Code eine längere Halbwertszeit und kann als Bug im Unternehmensnetzwerk aktiv ins Produktionsgeschehen eingreifen.
Unterschiedliche Angriffsszenarien auf Fertigungsanlagen
Es ist sehr schwierig, einen Fehlercode dieser Art aufzuspüren, denn die Maschinen, auf denen sich der Bug eingenistet hat, sind in der Regel nicht physisch verbunden, sondern kommunizieren über proprietäre, systemspezifische Protokolle. Die Exploits können dabei verschiedene Angriffspunkte einer maschinellen Fertigungsanlage zum Ziel haben. Bekannte Beispiele für Attacken sind:
- Ausschluss-Angriffe: Hier wird der Motor beispielsweise weiter betrieben, während die Ölpumpe ausgeschaltet ist. Dies kann aufgrund fehlender Schmierung zu einem Komplettausfall des Motors führen.
- Verschleißangriffe: Das Getriebe wird zum Beispiel durchgehend bei 90 Prozent Leistung betrieben. Hierdurch sinkt die Lebensdauer der Maschine erheblich.
- Trägheitsangriffe: Große Maschinen sind nicht dafür ausgelegt, schnell hoch- und runtergefahren zu werden. Wenn dies mehrfach geschieht, beeinträchtigt das die Lebensdauer der Maschine nachhaltig.
- Surge-Angriffe: Systeme sind meistens auf die Produktion einer definierten Stückzahl ausgelegt. Wird diese überschritten, kann das zu einem Defekt an der Maschine führen.
Verheerende Auswirkungen auf Produktionsbetriebe
Cyber-Kriminelle können sich, sobald sie einmal in das Netzwerk eingedrungen sind, in weiteren Bereichen ausbreiten. Sie haben dann die Möglichkeit, einzelne Maschinen oder die gesamte Produktionsstrecke abzuschalten, zu unterbrechen oder vom System abzutrennen (DoS). Manche Schwachstellen wirken sich nur auf ganz spezielle Produktionsprotokolle aus und werden daher gezielt angegriffen. Andere wiederum ermöglichen Hackern, komplette Produktionsprogramme zu verändern.
Der Fall Norsk Hydro: Ransomware mit Dominoeffekt
Der kürzlich bekanntgewordene LockerGoga-Angriff auf Norsk Hydro ging von einem Standort in den USA aus und verbreitete sich epidemieartig über das Active Directory. Über dieses Microsoft-Tool verwalten Netzwerkadministratoren Domänen, Benutzer und Objekte. Erlangt ein Hacker Zugriff darauf, gewinnt er die Kontrolle über das gesamte Netzwerk des Unternehmens. Weil sich LockerGoga auf weitere Norsk Hydro-Anlagen übertragen hat, wirkte sich der Angriff auf die weltweite Produktion sowie die Verwaltung des gesamten Unternehmens aus.
Das IoT ist Einfallstor für Hacker-Angriffe
Ein häufig unterschätztes Problem sind im Unternehmen eingesetzte IoT-Geräte. Der Hauptgrund dafür sind simple und leicht zu überwindende Passwörter. Hersteller befinden sich bei der Neuentwicklung von innovativen IoT-Geräten im ständigen Wettstreit. Um Produkt-Release-Zyklen zu beschleunigen, wird systeminternen Schwachstellen weniger Aufmerksamkeit zugemessen als eigentlich notwendig. Anfangspasswörter sind einfach zu knacken und teilweise sogar online zu finden, um dem Endnutzer das Setup zu erleichtern.
Hacker können die Geräte mit diesem Wissen mühelos und quasi simultan zum Release hacken. Hinzu kommt, dass einige Hersteller ihre Kunden nicht dazu ermutigen, neue Passwörter zu wählen und es sogar Fälle gibt, in denen Passwortänderungen am Gerät gar nicht möglich sind. So wird Hackern quasi Tür und Tor zu Unternehmensnetzwerken geöffnet.
Wie kann sich ein Unternehmen dennoch gegen Cyber-Angriffe schützen?
Um sich nachhaltig gegen Angriffe auf Unternehmensnetzwerke zu schützen, ist es elementar, sich ein Gesamtbild der Angriffsfläche zu verschaffen. Die Vernetzung zwischen der OT/IoT-Umgebung und der Gesamt-IT muss überprüft werden. Schwachstellen müssen identifiziert und durch aktives Schachstellen-Management minimiert werden.
Hierbei ist es nicht ausreichend, lediglich eine einmalige Bestandsaufnahme vorzunehmen und Schwachstellen nur zu scannen. Eine Minimierung der Angriffsfläche kann nur gewährleistet werden, wenn neue Schwachstellen kontinuierlich und quasi in Echtzeit aufgedeckt werden. Da die Zahl an Cyber-Bedrohungen stetig wächst, kann dieser Prozess nur automatisiert und mit einem geeigneten Partner realisiert werden.
Mitarbeiter im Umgang mit Unternehmens-IT schulen
Viele Angriffe auf Unternehmensnetzwerke werden durch mangelndes Bewusstsein der Belegschaft zur Bedeutung von Cyber Security ermöglicht. Es ist deshalb außerdem äußerst wichtig, alle Mitarbeiter über Sicherheitsmaßnahmen aufzuklären und im gesamten Unternehmen eine Sensibilität für IT-Sicherheitsthemen zu etablieren.