Die EECC-Richtlinie der EU schreibt vor, dass Behörden bis spätestens Juni 2022 ein öffentliches Warnsystem einrichten müssen, um im Notfall Benachrichtigungen schnell und zuverlässig direkt auf das Mobiltelefon aller Menschen in der betroffenen Region zu schicken. Dieser digitale Ansatz ist notwendig und längst überfällig, um ein modernes Krisenmanagement sicherzustellen.

Bombenentschärfungen, Unwetter, Hochwasser, Waldbrände, Chemieunfälle oder Angriffe mit terroristischem Hintergrund – es gibt auch in Deutschland viele Gründe, warum in kürzester Zeit die Bevölkerung alarmiert werden muss. Nach wie vor im Einsatz sind Sirenen, auch wenn ihre Zahl nach Ende des Kalten Krieges aus Kostengründen deutlich reduziert wurde. Polizei und Feuerwehr schicken zudem ihre Lautsprecherwagen los, um die Menschen zu informieren.

Gleichzeitig senden Radio- und Fernsehstationen Warnmeldungen. All diese Kanäle sind allerdings analog und als alleinige Mittel nicht mehr zeitgemäß – im Katastrophenfall müssen die zuständigen Behörden und Stellen in der Lage sein, nicht nur die Gefahren für die Menschen in einem betroffenen Gebiet schnell und in der jeweiligen Muttersprache zu kommunizieren, sondern sie gleichzeitig auch über geeignete Maßnahmen zu informieren und Rückmeldungen zu erhalten.

Ein digitales Warnsystem ist daher eine sinnvolle Ergänzung, immerhin besitzt der Großteil der Deutschen heute ein Handy. Zwar gibt es bereits verschiedene kostenlose Warn-Apps für das Smartphone, diese unterscheiden sich allerdings erheblich in der geografischen Abdeckung und den Notfällen, vor denen gewarnt wird. Das größte Manko dieser Systeme liegt in der Tatsache begründet, dass die Apps von jedem einzelnen User erst einmal heruntergeladen und installiert werden müssen.

Stand heute hat nur ein Bruchteil der deutschen Bevölkerung eine entsprechende App auf seinem Mobilgerät. Eine Massenalarmierung im Notfall wird damit nicht erreicht – die schreibt allerdings die Richtlinie zum Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (European Electronic Communication Codex, kurz EECC) vor. Bis zum 21. Juni 2022 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten ein digitales Warnsystem eingerichtet haben, mit dem sie 95 Prozent der Bevölkerung über ihr Handy erreichen.

Dieses System soll im Falle einer Naturkatastrophe, eines Terroranschlags oder eines anderen schweren Notfalls Warnungen über das öffentliche Mobilfunknetz unabhängig vom Provider und dem Endgerät an alle Menschen in der betroffenen Region schicken.

Was muss ein öffentliches Warnsystem leisten?
Ein effektives, modernes Warnsystem über das öffentliche Mobilfunknetz muss dabei einige Kriterien erfüllen. Deshalb sollten sich Behörden und andere Organisationen folgende Fragen stellen:

  • Erreicht das System wirklich alle Personen im betroffenen Gebiet?
  • Informiert es in Echtzeit darüber, wie viele Personen sich in dem Krisenbereich befinden und wer die Warnmeldung erhalten hat?
  • Ist sichergestellt, dass der Handynutzer sein Gerät nicht erst für den Dienst aktivieren und konfigurieren muss?
  • Können Nachrichten an ausländische Personen in ihrer Muttersprache verschickt werden?
  • Ist eine bidirektionale Kommunikation möglich, so dass sich die zuständigen Stellen von den Menschen vor Ort bestätigen lassen können, dass sie in Sicherheit sind beziehungsweise es möglich ist, ihre Notrufe entgegenzunehmen?
  • Kann das System mit anderen Kommunikationsmitteln wie Sirenen, TV, Radio oder Digital Signage als Teil einer ganzheitlichen Warnlösung koordiniert werden?

Im Notfall ist es wichtig, die Menschen auf so vielen Kanälen wie möglich zu erreichen. Ohne eine digitale Lösung geht es in Zukunft nicht. Dessen müssen sich die Behörden und Notfallverantwortlichen bewusst sein. Sie müssen sicherstellen, dass ihr Warnsystem über alle Funktionalitäten verfügt, um im Ernstfall die Bevölkerung schnell und zuverlässig zu informieren.

Wie das gehen kann, zeigt Island. Das Land hat aktuell ein digitales Warnsystem auf Basis des öffentlichen Mobilfunknetzes umgesetzt, um seine 330.000 Einwohner und über zwei Millionen Besucher pro Jahr im Ernstfall flächendeckend zu schützen.

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