Unternehmen sprechen seit Jahren von der Notwendigkeit, eine digitale Transformation zu vollziehen. Die gesamte Organisation soll in eine einzige digitale Einheit verwandelt werden, in der Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Produkte und Maschinen in einem datengetriebenen Netzwerk miteinander verknüpft sind. Trotz hoher Investitionen in dieses Vorhaben ist heute oftmals Ernüchterung eingetreten.
In der Roland Berger-Studie „The digital dilemma – Why companies struggle to master digital transformation“ geben mehr als zwei Drittel der Befragten an, ihr Unternehmen begegne Herausforderungen im Wandel zur digitalen Organisation. Für die Studie wurden mehr als 50 Verantwortliche auf Vorstandsebene aus führenden Unternehmen zahlreicher Branchen befragt.
„Das 'digitale Dilemma', in dem sich Unternehmen befinden, die in ihrer digitalen Transformation nicht vorankommen, entsteht zumeist nicht durch technische Grenzen, sondern aufgrund von organisatorischen und strategischen Versäumnissen der Firmen. Oftmals schaffen es selbst wichtige digitale Initiativen nicht über den Status von Pilotprojekten hinaus“, sagt Jochen Ditsche, Partner bei Roland Berger.
„Nicht selten fehlen einflussreiche Fürsprecher, die den Nutzen und die Chancen der Projekte aufzeigen können. Deshalb scheitern diese Vorhaben an mangelnden Ressourcen, um sie in großem Maßstab umzusetzen. Führungskräfte müssen die digitale Transformation verinnerlicht haben. Nur dann ist ihr Unternehmen attraktiv für die digitalen Talente, kann sich von der Konkurrenz abheben, Umsatzwachstum steigern oder weitere Einsparungen erzielen.“
Mehrheit der Unternehmen ist in unzeitgemäßen IT-Systemen und unflexiblen Prozessen verfangen
68 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass das digitale Dilemma auf sie zutrifft; sie kommen mit der digitalen Transformation nicht gut voran – branchenübergreifend. Die Hauptgründe dafür sind fehlendes technologisches Know-how (62 %) und eine unzureichende Verwaltung des digitalen Portfolios (46 %).
60 Prozent der Befragten beschreiben die IT-Systeme ihres Unternehmens als komplex, drei Viertel davon halten sie sogar für nicht mehr überschaubar. Nur sechs Prozent der Verantwortlichen geben an, ihre Systeme seien schlank und gut handhabbar.
Digitaler Wandel hängt von Bereitschaft und Fähigkeiten der Belegschaft ab
Ein weiterer entscheidender Faktor – und oft eine Hürde – für den digitalen Wandel ist die Belegschaft. Laut 69 Prozent der Befragten seien ihre Teams nicht in der Lage, abteilungsübergreifend zusammenzuarbeiten, sei es mangels der richtigen Fähigkeiten oder aufgrund der Firmenkultur. Zudem geben 70 Prozent an, dass ihnen mindestens drei technologische Expertisen im Unternehmen fehlen.
Fachleute, die von den Führungskräften am stärksten gesucht werden, sind: Enterprise Architects (77 %), Data Scientists (60 %) und Back-end Developer (57 %). Gleichzeitig sind solche Experten auf einem angespannten Arbeitsmarkt kaum verfügbar. Und es wird immer schwieriger, die Mitarbeiter mit diesen Expertisen zu halten.
Vier Säulen der digitalen Transformation
Der Wandel in eine ganzheitlich digitale Organisation kann laut der Studienautoren gelingen, wenn Unternehmen die folgenden vier Säulen aufbauen. Zunächst gilt es, eine gemeinsame Geschäfts- und Digitalstrategie zu entwickeln, bei der die IT-Verantwortlichen von Beginn an in den Prozess einbezogen werden. So können Silos innerhalb des Unternehmens aufgebrochen werden.
Der nächste Baustein ist ein effektives operatives Modell. Um erfolgreich zu sein, müssen die Organisationen agil aufgestellt und alle Prozesse aufeinander abgestimmt werden. Ein entscheidender Punkt ist hierbei die frühe Einführung von Portfolio-Management-Gremien, die Ressourcen zuweisen und alle digitalen, geschäftlichen sowie IT-Prozesse führen.
Weiterhin sollte sich die Personalpolitik auf die Aktivierung, Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern konzentrieren. Helfen kann hierbei beispielsweise eine jährlich aktualisierte Human Intelligence Map, die den Bedarf und das Angebot an kritischen Fähigkeiten aufzeigt. Damit können drohende Lücken identifiziert und frühzeitig in Fortbildungen oder zusätzliche Stellen investiert werden.
Letztlich ist eine schlanke Unternehmens- und Datenarchitektur, die modular aufgebaut und passgenau auf die Bedürfnisse der Firma zugeschnitten ist, von großer Bedeutung. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn Unternehmen hierfür zunächst Datenarchitektur-Prinzipien und -Standards einführen sowie eine Cloud-First-Strategie verfolgen.