Digitale Souveränität hat ganz handgreifliche Wurzeln: die Apps, die wir täglich nutzen. Nur sind sie häufig im Hinblick auf ganz andere Ziele hin konzipiert worden, beispielsweise um Daten auszuspähen oder Nutzern den Wechsel so schwer wie möglich zu gestalten, und sie abhängig zu machen. Mit der digitalen Souveränität der Anwender allerdings hat das rein gar nichts zu tun.
Die Voraussetzungen für Software, die den Nutzer zum digitalen Souverän macht, sind an drei Punkten festzumachen. An erster Stelle steht Open Source als freie, quelloffene und Community-gestützte Basistechnologie. Closed Source dagegen steht ja schon im Namen für Abschottung, Intransparenz und proprietäre Bindung. Ein Nutzer aber, der ständig vor verschlossenen Türen steht und weder weiß noch kontrollieren kann, was mit ihm und seinen Daten passiert, kann auch nicht souverän entscheiden.
Der Verweis auf die Konformität mit Datenschutzregularien wie GPDR beziehungsweise DSGVO klingt als zweiter Punkt fast vorsintflutlich – ist es aber nicht. Natürlich sind Apps, die Daten ungefragt abgreifen, Adressbücher auslesen oder Informationen durch die Hintertür an Dritte weitergeben, moralisch tiefste IT-Steinzeit. Doch sie sind nach wie vor auf dem Markt – es gibt immer mehr davon, möchte man fast meinen.
Das hängt auch mit einer Software-Entwicklung zusammen, die nicht Plattform- und Betriebssystem-agnostisch ist. Sie soll Anwender in langfristige Bindungen und Abhängigkeiten zwingen und begünstigt proprietäre Bereitstellungsmodelle, die den Anwender durch Hersteller-exklusives Hosting in eine „moderne“ Form des Vendor-Lock-in zwingen. Digitale Souveränität dagegen setzt die Wahlfreiheit zwischen On-premises, Private Cloud und Public Cloud voraus.
Der dritte Punkt dreht sich um die für souveräne Nutzer wichtige Frage der Ursprungsoriginalität oder Digital Provenance, also der Quellsicherheit im digitalen Raum. Für die digitale Kommunikation ist sie genauso wichtig wie für rechtssichere Geschäftsprozesse im Netz.
Mit der Blockchain-Technologie ist Digital Provenance ohne den Umweg über teure Zertifizierungsinstanzen oder notarielle Beglaubigungen möglich – und sollte daher Standard sein, um die Authentizität von Personen oder Verträgen sicherzustellen.
Wenn man so will, könnte noch ein vierter Punkt dazukommen, der zunehmend wichtiger wird: die übersichtliche und transparente App-Bedienung. Kryptische Oberflächen und lange Einarbeitungszeiten zwingen Nutzer dazu, sich mit der Software auseinanderzusetzen und erhöhen die Fehlerquoten.
Keep it simple sollte daher als Design-Prinzip und Entwicklungsziel verbindlich sein. Das Vorbild dafür liefern Spiele und Social-Media-Apps frei Haus. Sie sind meist bewusst einfach gehalten und innerhalb kürzester Zeit intuitiv bedienbar. Und je einfacher und selbsterklärender Software ist, desto souveräner kann sie genutzt werden.