Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein riesiges Potenzial - im Vertrieb, in der Produktion und im Service. Doch Technologie allein ist kein Erfolgsgarant. Wie bei vielen Trends beginnen die Probleme oft schon mit dem Wort „Künstliche Intelligenz“ selbst. Der Beitrag zeigt, wie Unternehmen die vier häufigsten Anfangshürden im Auge behalten und damit umgehen können.
Die Verständnis-Hürde: Über was reden wir hier eigentlich?
Wer ein KI-Projekt starten will, sollte sich zuallererst fragen, was innerhalb des eigenen Unternehmens unter künstlicher Intelligenz verstanden wird und Führungs-, Management- und operative Ebene auf dasselbe Wissensniveau bringen. Es empfiehlt sich, intern darüber aufzuklären, wie Machine Learning, Deep Learning, Künstliche Intelligenz, Neuronale Netze und Natural Language Processing zusammenhängen und worin sie sich unterscheiden.
Auf dieser Basis lassen sich vorhandene Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen abklären: An welchem Punkt der traditionellen Kernfähigkeiten eines IT-Systems soll die KI ansetzen? Beim Wahrnehmen (Eingabe), dem Verstehen (Verarbeiten) oder Handeln (Ausgabe)?
Wo geht es den Beteiligten darum, dass das System die definitionsgemäßen, menschenähnlichen, intelligenten Verhaltensweisen zeigt? Wo streben sie eher selbsttätiges Lernen aus Feedbacks oder Fehlern an und wo wird nur intelligentes Erfassen und Anreichern von Daten gewünscht?
Sind solche grundsätzlichen Fragen geklärt, ist es möglich, sich intern fundiert über Ziele, Strategien und Ansätze auszutauschen – damit sie am Ende wirklich die Bedürfnisse aller erfüllen.
Die Größen-Hürde: KI-Vorhaben klar umreißen
Ein Fehler kann es sein, ein Projekt zu groß aufzusetzen. „Wer durch KI Resultate erzielen will, statt aufwändige und risikoreiche Experimente zu veranstalten, sollte Ziele klar definieren und sich idealerweise auf einzelne Prozesse beschränken“, erklärt Carsten Hunfeld, Head of Operations der DACH-Region bei Augmentir.
Hunfeld empfiehlt, ein übergeordnetes Ziel, wie zum Beispiel ein besseres Betriebsergebnis, in Teilziele herunterzubrechen, etwa in konkrete Verbesserungen der Produktivität, Qualität, beim Arbeitsschutz oder der Compliance, und auch diese in Milestones zu zerlegen.
Ein solches Vorgehen macht transparent, was erreicht werden soll: Es erleichtert zum einen die Einschätzung, an welchen Stellen und in welchen Prozessen KI sinnvoll eingesetzt werden kann und hilft auch bei der exakten Zieldefinition bis hin zu KPIs. Am Ende geht es darum, wirkliche Mehrwerte zu erzielen. Mit Technik um der Technik willen ist schließlich niemandem gedient.
Ein solches Teilziel könnte sein, Personal schneller einzuarbeiten. Ein weiteres wäre der Wunsch sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden bei ihren Aufgaben über genau das Wissen verfügen, das sie für hochqualitatives und sicheres Arbeiten benötigen.
KI-basierte Softwareplattformen können diese und viele weitere Vorhaben vorantreiben, indem sie Schulung, Anweisung und Unterstützung über Smartphone, Tablet oder Datenbrille direkt am Arbeitsplatz liefern. Mit Hilfe von Algorithmen lässt sich die Anleitung so personalisieren, dass jeder Mitarbeitende genau das Maß an Information und Kontrolle bekommt, das ihn oder sie voranbringt.
Wo Anfänger bei allen Details an die Hand genommen werden, erhalten geschulte Profis nichts, was ihre Arbeit durch ein Zuviel an Information verlangsamen würde.
Die Daten-Hürde: Viel hilft viel, aber sauber muss es sein
Ein weiterer Faktor, den es ganz zu Anfang zu überprüfen gilt, ist die Datenlage. Denn ohne den richtigen Input kann eine KI – insbesondere, wenn sie auf maschinellem Lernen basiert – nicht arbeiten. Dabei kommt es im ersten Schritt darauf an, Anwendungsbereiche zu finden, in denen genug Datensätze anfallen, um einen Algorithmus so zu trainieren, dass eine verlässliche Prognose möglich wird.
Statt mit „small data“ wie etwa Kundendaten zu operieren, sollten sie sich also entweder existierende Big-Data-Szenarien suchen oder damit beginnen, große Datenmengen zu erfassen. Eine reiche Quelle bieten vernetzte Mitarbeiter und Maschinen.
Denn nicht nur Sensoren liefern jede Menge wertvollen Input, sondern auch Personal: Beispiele hierfür sind die Rückmeldung von Arbeitsschritten oder die Bestätigung von Hygienemaßnahmen über mobile Geräte, die Dokumentation von Stati, Fehlern und viele andere Informationen über Maschinen, Anlagen und Aufgaben.
Doch nicht nur auf die Menge der Daten kommt es an, sondern insbesondere auf deren Qualität. Nach dem Motto „Garbage in – garbage out“ passiert es sonst allzu leicht, dass ein KI-gestütztes System zum Sargnagel wird, statt zum erhofften Erfolg zu führen. Datenbereinigung und immer wieder ein korrigierender Blick von menschlicher, kompetenter Seite gehören bei KI-Projekten zum Pflichtprogramm.
Die Personal-Hürde: Abhängigkeit von KI-Experten vermeiden
Genau hier baut sich für viele Unternehmen ein weiteres Hindernis auf. Sie fragen sich, ob sie zuerst Modell-Entwickler und Data Scientists einstellen müssen, um mit dem ersten KI-Projekt zu starten. Fakt ist, dass solche Experten rar und teuer sind. Ideal eigenen sich daher Cloud-Lösungen, die bereits fertige Modelle mitbringen.
Sie erfordern kein Spezialwissen und sind teils in weniger als einer Woche einsatzbereit. Sie können dann direkt die Einsatzplanung der Mitarbeiter auf der Basis ihrer Skills und Erfahrungen optimieren oder damit starten, für einen KI-Bot die häufigsten Fragen aus der Fertigung nebst Antworten von Experten zu einer Wissensdatenbank zusammenzustellen.
Hinzu kommt: Die Fülle von Daten aus dem Connected-Work-Bereich lassen sich mit herkömmlichen Business-Intelligence-Tools nicht einfach auswerten. Hier brauchte es bisher einen Data Scientist, um sie in nutzbringende Erkenntnisse zu verwandeln. Nicht so bei KI-basierten Systemen, die intelligente Analysefunktionen und Dashbords „Plug-and-Play“ mitliefern.
Deren Algorithmen sind fähig, selbst in „noisy data“ Ungereimtheiten oder Ausreißer zu erkennen und Korrelationen zu finden. Sie helfen damit, die vielversprechendsten Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren, für ein kontinuierliches Lernen.
Fazit
Jetzt auf den KI-Zug aufzuspringen ist eine gute Idee. Sofort das ganz große Ding anzuschieben, kann jedoch überfordernd sein. Oft ist es besser, zunächst im kleinen Rahmen erste Erfahrungen zu sammeln. Gelegenheit dazu geben Out-of-the-Box-Lösungen für konkrete, klar umrissene Anwendungsfälle, wie zum Beispiel die autonome Wartung oder vorausschauende Instandhaltung.
Sie lassen sich oft ohne lange Vorbereitung, große Risiken und personelle Veränderungen implementieren und belohnen mit raschen Resultaten. Um Silos zu vermeiden, ist es dabei selbstverständlich wichtig, dass sich eine solche Cloud-Plattform leicht mit bestehenden Systemen verbinden lässt, um den Gewinn an Daten und Erkenntnissen schnell in nachgelagerte Prozesse einzuspeisen – und so der ganzen Organisation zugänglich zu machen.