Wie in anderen Branchen nimmt auch in der Finanzindustrie der Einsatz von KI und ML zu. Die eingesetzten Lösungen sollten dabei das Kriterium „vertrauenswürdige KI“ erfüllen, schließlich sind Finanzinstitute an strikte regulatorische Vorgaben gebunden. Armin M. Warda, EMEA FSI Chief Technologist bei Red Hat, zeigt, warum gerade Open-Source-Strategien, -Lösungen und -Plattformen hier eine wichtige Rolle spielen können.
Mit Blick auf das Jahr 2024 werden Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen zweifellos beginnen, die Unternehmen in signifikanter Weise zu verändern. Sie werden über kleine Pilotprojekte hinausgehen und KI/ML-Funktionen in großem Maßstab einführen, um von Produktivitätssteigerungen zu profitieren und Innovationen voranzutreiben. Diese Entwicklung betrifft auch die Finanzdienstleistungsbranche.
Vor allem in Organisationen, die mit hochsensiblen Daten wie Gesundheits- und Finanzinformationen arbeiten, steigt die Nachfrage nach vertrauenswürdigen KI-Systemen. So sind Finanzinstitute schon heute an strikte regulatorische Vorgaben hinsichtlich der KI-Nutzung gebunden. Die BaFin mit MaRisk, VAIT (Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) und BAIT (Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT) sowie die EU mit der GDPR haben bereits erste wichtige Leitplanken gesetzt, etwa im Hinblick auf die Verwendung von KI-Modellen oder die Sicherstellung der Data Governance.
Auch der neue AI Act der EU wird mit seinen Ausführungen zu Sicherheit, Datentransparenz und Datenschutz ein Rahmenwerk vorgeben, das in der Finanzindustrie zu beachten ist, gerade im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit von KI-basierten Entscheidungen. Dies betrifft etwa den Einsatz von Anwendungen, die von der EU als Hochrisiko-KI-Systeme eingestuft sind, also Systeme, die zum Beispiel eine große Gefahr für die Grundrechte natürlicher Personen beinhalten. Bezogen auf den Finanzdienstleistungsbereich würde dies beispielsweise die Kreditwürdigkeitsprüfung von Kunden betreffen.
Transparenz durch Open Source
Die verschiedenen Vorgaben zielen auf Erklärbarkeit, Fairness, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Reproduzierbarkeit, Robustheit und Kontrolle der KI-Modelle ab. Und genau darum geht es bei einer vertrauenswürdigen KI. Doch was sind nun die Voraussetzungen, um eine solche KI bereitzustellen? Hier kommen Open-Source-Strategien, -Technologien und -Lösungen ins Spiel, denn sie stehen für Transparenz und Kollaboration.
Transparenz bedeutet unter anderem leicht zugängliche Daten und nachvollziehbare Entscheidungsprozesse. Bei der Kollaboration geht es um die enge Zusammenarbeit verschiedener Parteien, die zu besseren, effizienteren und nachhaltigeren Ergebnissen führt. Dieser Open-Source-Ansatz kann auch für KI/ML im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit Maßstäbe setzen.
Hybride Plattformen als KI-Fundament
Open Source ist somit ein entscheidender Aspekt auf dem Weg zu einer vertrauenswürdigen KI. Ebenso zeigt sich, dass eine offene Hybrid-Cloud-Plattform die ideale Basis für die KI- und ML-Umsetzung sein kann. Schließlich darf ein wichtiger Punkt nicht übersehen werden: An der Spitze der KI-Revolution mag zwar die auf Basismodellen beruhende generative KI stehen, aber diese vortrainierten Modelle allein reichen nicht aus, um Unternehmen bei der Umsetzung ihrer KI-Strategie zu unterstützen.
Sie brauchen eine Plattform, die diese Modelle für ihre speziellen Use Cases und mit ihren eigenen Daten trainieren und bereitstellen kann. Eine solche Plattform kann gleichermaßen als Fundament für die KI-Modell-Entwicklung, das KI-Modell-Training und letztlich die KI-Modell-Einbettung etwa in Bankanwendungen dienen.
Eine offene Plattform bietet zudem die Möglichkeit, den Weg vom Experiment in den Produktivbetrieb zuverlässig zu gestalten und zu beschleunigen. Data Scientists können die KI-Modellierung mit Trainings, Tests und Retrainings außerhalb der produktiven IT-Umgebung der Finanzinstitute übernehmen. Anschließend kann dann die Integration der KI-Anwendungen in die Applikationslandschaft erfolgen.
Red Hat bietet mit Red Hat OpenShift AI eine solche Plattform, die sowohl on-premises als auch in Public Clouds eingesetzt werden kann. Sie ist konsistent und skalierbar, basiert auf Open-Source-Technologien und stellt zugleich ein spezialisiertes Partner-Ökosystem für Data Scientists und Entwickler bereit, mit dem sie Innovationen im Bereich KI nutzen können.
Darüber hinaus bietet die Plattform Security-Kontrollen, Versionierung und Archivierung sowie die Möglichkeit, standardisierte Tests und Validierungen zu automatisieren. Red Hat OpenShift AI kann durch viele zertifizierte Produkte und Open-Source-Projekte aus dem umfangreichen Partner-Ökosystem von Red Hat erweitert werden – wie etwa Starburst, IBM watsonx oder NVIDIA AI Enterprise.
Vom Customer Service bis zum Risikomanagement
Es steht außer Frage, dass der Einsatz von KI auch im Bankwesen künftig deutlich zunehmen wird. Das mögliche Anwendungsspektrum ist weitreichend und KI wird zu Verbesserungen sowohl im Kundenservice als auch bei der operativen Effizienz führen. So kann KI im Kundenservice auch für komplexere Szenarien eingesetzt werden, zum Beispiel bei der Automatisierung des Onboarding-Prozesses oder für die Bereitstellung personalisierter Angebote.
Auf operativer Ebene unterstützt KI etwa bei der Prävention von Finanzbetrug, indem sie die Kreditvergabe verbessert und illegale Aktivitäten mithilfe fortschrittlicher Modellierung aufdeckt. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben wie Dateneingaben können überdies Backoffice-Prozesse optimiert werden. Bei der Umsetzung solcher KI-Szenarien wird der Open-Source-Ansatz im Hinblick auf Vertrauenswürdigkeit, Transparenz und Kontrolle zunehmend an Bedeutung gewinnen.