Nach dem Anschlag in Wien ist wieder einmal ein effektives Verbot von sicheren Verschlüsselungstechnologien auf EU-Ebene im Gespräch. Terrorprävention und Verbrechensbekämpfung sind die Argumente, die Verfechter dieser Strategie gebetsmühlenartig immer wieder ins Feld führen, wenn sie Hintertüren für bisher als sicher geltende Verschlüsselungstechnologien fordern.
Ein Kommentar von Tim Berghoff, Security Evangelist bei G DATA CyberDefense:
Viele Experten sind mittlerweile müde, diese immer wieder zu widerlegen. Darauf scheinen auch diesmal wieder die Gegner der Verschlüsselung zu setzen, getreu dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“. Die Welt befindet sich im Würgegriff der Corona-Pandemie. Menschen haben andere (und auch berechtigte) Sorgen. Und Politiker machen sich genau das zunutze, um mal wieder mit ihren alten und seit Jahren widerlegten Argumenten endlich ihre ersehnten Hintertüren mit Gewalt durchzupauken.
Das ist ein beispielloser Angriff auf die Sicherheit und Privatsphäre jedes einzelnen. Und das in einer Zeit in der viele soziale Kontakte zwangsweise über das Internet stattfinden. Gerade jetzt ist das Vertrauen in Technologien also wichtiger denn je und sollte nicht untergraben werden.
Mit dem Informationsfreiheitsgesetz befreite Dokumente zeigen, dass der aktuelle Vorstoß der EU-Regierungen offenbar schon länger vorbereitet wurde – und der Anschlag in Wien nur ein neuer Vorwand ist, diesen zu unterbreiten. Bindend ist das aktuelle Papier nicht - doch nach derzeitigem Stand wird die EU-Kommission aufgefordert, Vorschläge für entsprechende Gesetze zu machen.
Wie genau das staatlich sanktionierte Schwächen von Verschlüsselungen Versäumnisse und Unzulänglichkeiten in der Strafverfolgung kompensieren soll, diese Antwort bleiben die Befürworter der Überwachung schuldig. Und wie das Aufweichen sicherer Verschlüsselung das Vertrauen der Bürger stärken soll, ist auch nicht klar. Fest steht für sie nur: „Es ist ja für die Sicherheit“.