Die Bekämpfung des Coronavirus hatte in den letzten 18 Monaten nicht nur makroökonomische Folgen. Unterschiedlichste Maßnahmen zur Abwehr von Ansteckungen wurden in allen Organisationen jeder Größe und Branche gemäß der im jeweiligen (Bundes-) Land gültigen Regelungen getroffen. Das war eine sehr herausfordernde Zeit, besonders für Unternehmen mit weltweit verteilten Standorten.

Diese Herausforderung zu meistern, oblag aber nicht nur dem Management und den IT-Abteilungen, die für die schnelle Umstellung der Unternehmens-Infrastruktur auf Arbeiten aus der Ferne sorgen mussten, sondern betraf natürlich auch die HR-Verantwortlichen.

„Der Umstieg auf das digitale Onboarding neuer Mitarbeiter, der Verzicht auf zeitnahe, spontane Abstimmung auf dem kurzen Dienstweg durch den plötzlich mangelnden Vis-à-vis-Mitarbeiterkontakt, der Rückgriff auf Videokonferenzen zur Besprechung aller Anliegen und der gestiegene Beratungsbedarf im Unternehmen bezüglich Organisations- und Personalführungsfragen forderten eine bedeutende Veränderung der Personalmanagementprozesse und des Verständnisses der Personalarbeit“, berichtet Grit Endter, Head of HR Operations & Development bei Snom.

Notwendige Umstellung der Onboarding-Verfahren
Snom konnte dank seiner wirtschaftlichen Situation trotz Pandemie zahlreiche Positionen neu ausschreiben und offene Stellen belegen: Allein 14 neue Mitarbeitende gewann das Unternehmen während der Lockdown-Phasen für sich. Die Führung von Bewerbungsgesprächen per Videokonferenz war für Endter nicht von Nachteil – die ungewohnten Umstände sorgten sogar für mehr Authentizität unter allen Beteiligten.

Die Videounterhaltung lieferte in Sprache und sichtbarer Mimik eine nahezu genauso wertvolle gegenseitige positive wie negative Einschätzung, als säße der Kandidat im Haus. „Natürlich ist es schöner, wenn der potenzielle Mitarbeiter auch einen Eindruck der Unternehmensräume gewinnen kann. Aber es wäre nachteilig, nur aufgrund von Eindämmungsmaßnahmen oder Entfernung auf das Gespräch mit einem möglichen Talent zu verzichten“, unterstreicht Endter.

Herausforderungen, die den Wandel fördern
Auch die Rolle von HR im Unternehmen hat sich in dieser Zeit nachhaltig verändert und hat eine deutlich relevantere Positionierung – inklusive neuer Ausprägungen. Von der Anlaufstelle für vertragliche und arbeitsrechtliche Angelegenheiten wird HR zunehmend als kompetenter Ansprechpartner für Personalentwicklungs- und Organisationsfragen und persönliche Anliegen zurate gezogen.

Wichtig war auch die Festlegung von neuen Einarbeitungsverfahren. „Wir standen dem Unternehmen ebenfalls beratend zur Seite, als es darum ging, Arbeitsprozesse neu zu definieren. Auch bei der Umverteilung von Aufgaben bzw. der Festlegung neuer Arbeitsrahmen und der Gestaltung des Homeoffice trugen wir unseren Teil bei“, fügt Endter hinzu.

Eine der größten Herausforderungen bestand allerdings darin, die bei vielen fest verankerte Präsenzkultur zu verwerfen. Mitarbeiter und Führungskräfte mussten hier erst eine Menge Skepsis gegenüber sich und den anderen überwinden. Arbeitet man in Abwesenheit wirklich so gut wie im Büro?

Die Überwindung dieser Vorurteile kostete alle viel Kraft – obwohl die Produktivität der Belegschaft zeitgleich unverändert blieb. Dank ausgereifter und schnell umgesetzter Arbeitskonzepte und durch die gute Auftragslage war die Einführung von Kurzarbeit gar nicht erst erforderlich. Das Unternehmen erreichte auch im Corona-Jahr seine Ziele.

Und doch ist der Mensch ein soziales Wesen
Zwar stieg aufgrund der physischen Entfernung in dieser Zeit der Bedarf an Personalgesprächen, doch anders als in der Vergangenheit erforderte die Schaffung individueller Lösungen die ganzheitliche Betrachtung der Lebens- und Arbeitssituation der Mitarbeiter. Plötzlich keinen regen und direkten Kontakt mit Kollegen und Vorgesetzten zu haben, schlug definitiv aufs Gemüt vieler Leute.

„So gab es einerseits Teams, die ohne Wenn und Aber gestaffelt und dann vollzählig ins Büro zurückkamen, sobald es wieder möglich wurde, und andererseits Mitarbeiter, die nach wie vor doch sehr unter Corona-bedingten Angstzuständen leiden, weshalb deren Rückkehr ins Büro eher langsamer vonstattengehen kann“, erklärt Endter.

Heute, wo einige Unternehmen die Arbeitskräfte ohne Wenn und Aber zurück ins Büro beordern und andere dagegen die Homeoffice-Pflicht bis mindestens zum Jahresende verlängert haben, ohne die Situation der Mitarbeiter konkret zu hinterfragen, hat sich Snom für ein ausgewogenes Konzept mit beiden Arbeitsmöglichkeiten entschieden.

Unumkehrbare Trends
Diese 18 Monate der Pandemie haben bei Vielen die Wahrnehmung der eigenen Realität verändert. Viele Angestellte haben die gesparten Arbeitswege und die Möglichkeit, sich die Arbeit flexibler einzuteilen, schätzen gelernt. Mit Ausnahme von Aufgabenprofilen, wofür aus Sicherheitsgründen oder aufgrund der technischen Ausstattung die Präsenz im Firmengebäude vorausgesetzt wird, ist eine flexible Regelung der „Büro-Tage“ nicht mehr wegzudenken.

Als Unternehmer und Personalverantwortlicher sollte man deshalb aus allen technischen Möglichkeiten für die Gewährleistung dieser Flexibilität schöpfen, sie virtuos einsetzen und dadurch heute bereits die Arbeitsmodelle der Zukunft entwickeln.

Wenn man sich rückblickend damit auseinandersetzt, welche Leistungen trotz des notgedrungenen Rückgriffs aufs Homeoffice erbracht wurden, wirft das erzielte Ergebnis laut Endter die Frage auf, wie ernst es allgemein den mittelständischen Unternehmen damit war, das Prinzip der Work-Life-Balance konkret zu beherzigen.

Selbst bei den offensten und menschenorientiertesten Arbeitgebern, wie Snom zum Glück einer ist (der Hersteller wurde von Focus zum Top-Arbeitgeber Mittelstand 2021 gekürt), ist das, was nun dank dieser Erfahrung Mitarbeitern unter diesem Gesichtspunkt geboten wird, meilenweit entfernt von dem, was man vor der Gesundheitskrise darunter verstand.

Zu guter Letzt: Solange man weltweit noch mit Inzidenzraten und Belegung der Intensivbetten zu kämpfen hat, können neue Arbeitsmodelle von der Einbindung von Hygiene- und Präventionsmaßnahmen inklusive Teststationen im Haus nicht absehen.

Doch hier schafft – zumindest in Deutschland – der Gesetzgeber Grauzonen bezüglich Impf- und Testnachweispflicht, was die Bestimmung des richtigen Umfangs hausinterner Maßnahmen erschwert. Das ist allerdings ein Kapitel für sich. Man darf als HR-Verantwortliche gespannt auf die Entwicklung der Thematik sein.

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