Die Arbeitswelt hat sich in den letzten eineinhalb Jahren radikal verändert. Die Pandemie hat sowohl neue Trends hervorgebracht als auch bestehende so beschleunigt, dass wir uns heute in eine völlig neue HR-Landschaft katapultiert wiederfinden. Zum bevorstehenden Jahreswechsel hat sich Laura Ryan, Director of International HR Dropbox, Gedanken über die Arbeit der Zukunft gemacht.

Während es im Jahr 2020 noch um schnelles Umschwenken, vorübergehende Lösungen und für viele um Anpassung zum puren Überleben ging, haben wir 2021 beobachten können, wie Unternehmen die Erkenntnisse aus den ersten Monaten genutzt haben, um mutig langfristige Veränderungen umzusetzen. Damit hat sich die Zukunft der Arbeit für immer verändert – und so finden sich hier meine Top-Trends für Unternehmens- und Personalentscheider für das Jahr 2022.

Prognose 1: Rote Karte für 9-to-5
Voller Fokus auf Flexibilität! Neue Flexibilität ist zum Paradigma geworden, sei es durch hybride Arbeitsformen oder vollständige Fernarbeit realisiert. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeitenden die Freiheit kennengelernt, für ihre Aufgabenerledigung nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden zu sein. Was zunächst für viele gewöhnungsbedürftig war, ist heute zum Gesetz geworden. Althergebrachte Vorstellungen von Präsentismus haben sich endgültig als irrelevant erwiesen.

Unternehmen, die sich diesem Wandel widersetzen, werden kaum Chancen haben, sich im War for Talents durchzusetzen. Eine Umfrage vom Meinungs-forschungsunternehmen Civey im Auftrag von EY Real Estate hat ergeben, dass 90 % der Menschen gerne aus der Ferne arbeiten würden, zumindest teilweise oder in Vollzeit.

Zudem zeichnet sich in ganz Europa eine neue Welle von Kündigung ab, von Arbeitnehmenden, die ihren Arbeitsplatz auf der Suche nach mehr Flexibilität und Sinnhaftigkeit verlassen. Das fordert die Unternehmen heraus, umzudenken und sich von einer Firmenkultur oder Arbeitszeitstrategie, bei der die Mitarbeitenden an ihrer Präsenz in der Zeit von 9 bis 17 Uhr bemessen werden, zu verabschieden.

Ich prognostiziere, dass die Zahl der Unternehmen drastisch ansteigen wird, die mehr Flexibilität in Bezug auf die Art und Weise bieten, wie und wo die Mitarbeiter arbeiten möchten. Und selbst die traditionellsten Branchen werden sich darauf einstellen.

Prognose 2: Platzverweis für den festen Arbeitsort
In den vergangenen 20 Monaten zogen mehr Wissensarbeitende um als je zuvor, und dieser Trend wird sich nochmal verstärken. Laut einer Bitkom-Studie würde jede*r fünfte Berufstätige (21 %) umziehen, wenn in Zukunft größtenteils im Homeoffice gearbeitet werden würde. Und das eröffnet Arbeitgeber*innen, die bei der Auswahl ihrer Arbeitsorte flexibel sind, große Chancen. Remote Work, verteiltes Arbeiten hat einen enormen Einfluss auf die Mobilität von Talenten.

Doch um die ortsunabhängige Zusammenarbeit erfolgreich zu gestalten, müssen Unternehmen ihre Talentstrategien und die Tools für die Zusammenarbeit überdenken. Schließlich benötigen die Mitarbeitenden an verschiedenen Standorten andere Werkzeuge.

Jüngste Untersuchungen von Dropbox in Zusammenarbeit mit Enterprise Nation haben ergeben, dass Videokonferenzen, Cloud-Speicher, Dateifreigabe und Simultanbearbeitungssoftware beispielsweise für die Geschäftskontinuität während der Pandemie geschäftsentscheidend waren.

Ich prognostiziere, dass der Markt an einfachen, leicht zu bedienenden Dokumenten-Workflows, die Reibungsverluste beim global verteilten ortsunabhängigen Arbeiten ausschließen oder reduzieren, weiterhin stark wachsen wird.

Prognose 3: Klare Verlängerung der asynchronen Kommunikation
Als die Pandemie zum ersten Mal auftrat, wurden die Mitarbeitenden überall schnell von der „Zoom-Müdigkeit" erfasst. Tage voller Videoanrufe raubten uns die Energie – und vor allem standen sie einer sinnvollen Arbeit im Weg. Unnötige Besprechungen sind einer der größten Störfaktoren für einen produktiven und effektiven Arbeitstag, und es liegt an uns allen, dies zu ändern.

Indem wir unsere Mitarbeitenden ermutigen, alle unnötigen Besprechungen aus ihren Kalendern zu streichen und Live-Konversationen bewusster zu planen, können die Mitarbeitenden leichter von „ganztägig synchronisiert" auf „standardmäßig asynchron" umstellen und so mehr Flexibilität und höhere Konzentration in ihren Tag bringen.

Die Wichtigkeit von Live-Konversationen bleibt jedoch bestehen – und die Magie liegt darin, den Mitarbeitern beizubringen, wie sie erkennen können, wann ein kurzes Zoom oder ein Telefonat (noch) von Wert sind. Um das zu unterstützen, werden neue Rahmenwerke wie die „Core Collaboration Hours“ benötigt.

Durch die Festlegung klarer Zeitfenster für die asynchrone und die Echtzeit-Zusammenarbeit können die Mitarbeitenden über Zeitzonen hinweg effektiver mit ihren Kolleg*innen zusammenarbeiten und gleichzeitig wertvolle Zeit zurückgewinnen, um sich auf ihre Lieblingsprojekte und ihr Privatleben zu konzentrieren. Den Unternehmen, die den Schritt zu einem Kulturwandel in Richtung „Asynchron als Standard" wagen, prognostiziere ich die besten Erfolge bei der Gewinnung neuer Talente!

In den letzten 20 Monaten hat sich auch weltweit die Rolle der Personalabteilung extrem gewandelt. Vor Corona war die HR-Abteilung eine notwendige Unternehmensabteilung, die oft nur hinter den Kulissen für reibungslose Abläufe sorgte. Mit dem Wandel der Arbeitswelt hat sich aber auch die Personalabteilung gewaltig mitgeändert. In diesen noch nie da gewesenen, herausfordernden Zeiten haben die Personalleitenden das Schiff durch den Sturm navigiert, und so wurde ihnen endlich ein wohlverdienter Platz am Tisch der Unternehmensführung eingeräumt.

Jetzt, da ihr Wert als strategische Vordenkende bewiesen ist, wird ihr Einfluss über die Personalabteilung hinaus anerkannt bleiben. Ich sage klar vorher, dass ab 2022 noch viele Mitarbeiter aus der Personalführung an Unternehmensentscheidungen aller Bereiche beteiligt sein werden und sich ihre Rolle von außenstehenden Schiedsrichter*innen hin zu echten Spielmacher*innen verändert.

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