Deutsche Arbeitnehmer:innen beklagen eine schlechtere Work-Life-Balance, wenn sie wieder ganztägig im Büro arbeiten müssen. Das zeigen die neuesten Ergebnisse der globalen Pulse-Studie des Future Forum, ein von Slack und seinen Partnern Boston Consulting Group, MillerKnoll und MLT ins Leben gerufener Think-Tank, der Unternehmen unterstützt, das Arbeiten in der digitalen Arbeitswelt neu zu gestalten.
Präsenzpflicht drückt auf die Stimmung
Ein knappes Drittel (32%) der deutschen Arbeitnehmer:innen ist mittlerweile wieder vollständig, also fünf Tage pro Woche, im Büro tätig – der höchste Wert seit Beginn der Umfragereihe im Juni 2020. Unter dieser Rückkehr ins Büro hat die Stimmung der Mitarbeiter:innen deutlich gelitten.
Die Werte für Work-Life-Balance fallen für deutsche Befragte im Vergleich zu den vorhergehenden Ergebnissen 26 Prozent schlechter aus, die Werte für arbeitsbedingten Stress und Ängste haben sich sogar um 31 Prozent verschlechtert.
Deutschland liegt damit unter dem weltweiten Schnitt (Weltweit: 17% schlechtere Werte für Work-Life-Balance; 28% schlechtere Werte für arbeitsbedingten Stress und Ängste). Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn man die Ergebnisse der Befragten nach momentanem Arbeitsort unterscheidet.
Bei Arbeitnehmer:innen mit voller Büropräsenz sind die Werte der Work-Life-Balance sogar um 50 Prozent im Vergleich zum letzten Quartal gefallen, während es bei Mitarbeiter:innen in hybriden oder remoten Arbeitsverhältnissen nur 19 bzw. 17 Prozent sind.
Hybrides Modell weiterhin der Favorit
Die Ergebnisse des Future Forum zeigen, dass eine Mehrheit der Arbeitnehmer:innen nur widerwillig fünf Tage die Woche ins Büro zurückkehrt. In Deutschland geben 57 Prozent (weltweit sind es 55%) der Befragten mit vollständiger Büropräsenz an, dass sie es vorziehen würden, zumindest zeitweise ihren Arbeitsort flexibel wählen zu können.
Denn die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung der Mitarbeiter:innen und der Realität im Arbeitsalltag kann für Unternehmen gefährlich werden. Arbeitnehmende, die mit ihrer derzeitigen Flexibilität durch den Arbeitgeber unzufrieden sind, werden sich im kommenden Jahr mit einer dreimal höheren Wahrscheinlichkeit nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen.
Unter den Befragten, die in Bezug auf die eigenen Arbeitszeiten wenig bis gar keine Selbstbestimmung haben, ist die Wahrscheinlichkeit nach einer neuen Stelle zu suchen immerhin doppelt so hoch wie bei jenen mit moderater Planungsflexibilität. Insgesamt möchten 82 Prozent der Befragten mindestens ein bis zwei Tage pro Woche außerhalb des Büros arbeiten. Besonders ausgeprägt ist der Wunsch nach Flexibilität bei Frauen und Müttern:
51 Prozent der Frauen möchten mindestens drei Tage pro Woche ortsunabhängig arbeiten - ein Höchststand seit Beginn der Erhebungen des Future Forum - im Vergleich zu 45 Prozent bei den Männern. Bei Eltern ist der Unterschied sogar noch deutlicher erkennbar: 53 Prozent der Mütter möchten mindestens drei Tage pro Woche den Arbeitsort frei wählen, bei Vätern sind es 44 Prozent.
Wunsch nach mehr asynchronem Arbeiten deutlich erkennbar
In vielen Unternehmen haben sich die Gespräche über die "Rückkehr ins Büro" in den letzten Monaten zudem fast ausschließlich auf das "Wo" konzentriert – nicht aber auf das „Wann“.
Die zeitliche Komponente hat jedoch eine mindestens genauso hohe Bedeutung für deutsche Arbeitnehmer:innen: Nahezu alle Befragten in Deutschland (95%) geben an, dass sie sich mehr Flexibilität für ihre Zeiteinteilung wünschen.
Dennoch sagen fast zwei Drittel (61%), dass sie persönlich wenig bis gar keine Möglichkeit haben, mit ihren Arbeitszeiten von einem vorgegebenen Zeitplan abzuweichen, abgesehen von gelegentlichen Arztbesuchen oder ähnlichen Terminen.
Angestellte doppelt so häufig komplett im Büro wie Führungskräfte
Die Pulse-Daten zeigen außerdem eine gewisse Doppelmoral, wenn es um die Anwesenheit im Büro geht: Angestellte arbeiten weltweit fast doppelt so häufig in voller Büropräsenz wie Führungskräfte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele leitende Angestellte zwar weiterhin flexibel arbeiten, ihren Mitarbeiter:innen diese Möglichkeit aber verwehren.
Wenig überraschend hat sich die Kluft zwischen Angestellten und Führungskräften in Bezug auf die Werte zu Work-Life-Balance sowie arbeitsbedingten Stress und Angstzustände im Vergleich zum letzten Quartal noch einmal deutlich vergrößert.
Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass Mitarbeiter:innen kein Verständnis mehr für schwammige Formulierungen oder Hinhaltetaktiken in Bezug auf zukünftige Arbeitsregelungen haben. Arbeitnehmer:innen, die der Meinung sind, dass ihre Unternehmen noch keine „transparenten Pläne für die Zukunft der Arbeit“ haben, geben mit viermal höherer Wahrscheinlichkeit an, sich im kommenden Jahr „auf jeden Fall“ eine neue Stelle zu suchen. Dieser Wert liegt sogar noch höher als bei Unternehmen, die Remote Work komplett verbieten.