Seit dem 1. August gilt auch in Deutschland das durch eine EU-Richtlinie implizierte reformierte Nachweisgesetz. Es verpflichtet Arbeitgeber dazu, ihre Mitarbeiter über jede Änderung im Arbeitsvertrag schriftlich zu informieren. Das Bemerkenswerte: Die Bundesregierung beschloss in diesem Zusammenhang, dass gewisse Informationen sogar in Papierform vorliegen müssen - obwohl die EU dies ausdrücklich nicht vorsah.
Lesen Sie, was Ingolf Rauh, Head of Product and Innovation Management bei Swisscom Trust Services, vom Vorgehen in Deutschland hält und wie die Qualifizierte Elektronische Signatur (QES) Personalabteilungen das Leben jetzt deutlich vereinfachen kann.
In dem neuen Nachweisgesetz ist unter anderem geregelt, dass Informationen über die wesentlichen Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter in Papierform vorliegen müssen. Dabei geht es unter anderem um Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, die Dauer einer eventuellen Probezeit, vereinbarte Arbeitszeit sowie (bei Schichtarbeit) Informationen zum Schichtsystem und weitere Pflichtangaben.
Diese Information kann in eine Vertragsform eingebettet werden, dann muss jedoch auch der Vertrag auf Papier vorliegen. Werden die Mitarbeiterinformationen gesondert abgefasst, kann der eigentliche Arbeitsvertrag zwar auch digital ausgefertigt werden, ein rein digitaler Prozess wäre jedoch zielführender.
In den letzten beiden Jahren der Pandemie haben digitale Kommunikationswege die Wirtschaft am Laufen gehalten. Auch andere Bereiche werden immer weiter digitalisiert, daher empfinde ich es als Rückschritt, dass das neue Gesetz eine Papierform vorschreibt. In der EU-Richtline des aktuellen Gesetzes war auch zunächst die elektronische Form vorgesehen
Der Arbeitgeber stellt jedem Arbeitnehmer die gemäß dieser Richtlinie erforderlichen Informationen schriftlich zur Verfügung. ‘Die Informationen sind in Papierform oder – sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält – in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen und zu übermitteln‘ (EU-Richtlinie, Artikel 3).
In Deutschland wurde die Wahlfreiheit jedoch nicht ins nationale Recht überführt und Unternehmen müssen zwangsläufig ein Papierdokument ausstellen. Während man EU-weit die Digitalisierung vorantreiben will, entschließt sich Deutschland also dazu, einen Schritt zurück zu machen und auf Papier zu setzen, obwohl sich in der Bevölkerung zusehends eine Papiermüdigkeit breit macht.
Eine digitale Lösung wäre wünschenswert und fortschrittlich gewesen. Das Gesetz an sich ist dennoch zu begrüßen, da es mehr Transparenz für Arbeitnehmer schafft.
Mit der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) steht heute eine Methode zur Verfügung, um auch digitale Dokumente rechtssicher zu signieren. Elektronische Signaturen bewähren sich bereits im HR-Umfeld. Besondere Vorteile haben sie im Bereich der Zeitarbeit, wo viele befristete Verträge abgeschlossen werden, die immer der Schriftform bedürfen.
Werden diese Verträge elektronisch signiert lassen sich Umlaufzeiten, Portokosten und Papier einsparen. Weder Unternehmen noch Arbeitnehmer müssen sich mit der Papierablage herumschlagen.
Wie sinnvoll die Implementierung einer solchen QES in das bestehende Gesetz wäre, zeigten kürzlich die Initiatoren einer Petition zur Abänderung des Gesetzes: anstatt der verifizierten digitalen Signatur (Arbeitsaufwand von Vertragserstellung bis Sendung zur Unterschrift etwa 10-20 min) kommen zusätzliche, unnötige Arbeitsschritte auf die Unternehmen zu:
- Erstellen und Drucken des Vertrags in Kopie (10-15 min)
- Adressierung der Umschläge und Rücksendungsumschläge (10 min)
- Bestellung eines Kuriers oder Gang zur Post (10 min bis zu 1h)
- Arbeitsaufwand des Kandidaten (Rücksendung, Gang zur Post)
- Eingang des gegengezeichneten Vertrags und Informationsfluss an Empfänger (5-15 min)
- Ablage und Erstellung einer physischen Mitarbeiterakte (10-15 min).
Es stehen sich ein Arbeitsaufwand von 10-20 min für digitale Arbeitsverträge und 35 min bis 1,5 Stunden für physische Arbeitsverträge gegenüber. Das ist untragbar und nicht ressourcenschonend. Alternative Absprachen zur Unterzeichnung vor Ort kosten zusätzlichen Aufwand und Zeit sowohl von KandidatInnen als auch Unternehmen.
Der eigentliche Arbeitsvertrag darf übrigens auch weiterhin elektronisch ausgefertigt und signiert werden, wenn ein zusätzliches Dokument mit den Arbeitnehmerinformationen auf Papier vorgelegt wird. Eine generelle „Papierpflicht“ für Arbeitsverträge gibt es also nicht. Unternehmen können und sollten die Vorteile der elektronischen Signatur zur Verschlankung ihrer Prozesse also auch bei der aktuellen Gesetzeslage weiterhin nutzen.