Linux, Open Source und offene Standards sind eine Erfolgsgeschichte – seit mehr als 30 Jahren. Daran zweifelt gerade in der IT niemand mehr. Wir leben in einer Welt, die in immer mehr Bereichen die Prinzipien von Open Source und freier Software nutzt. Ob Open Innovation oder die kooperative Entwicklung über Firmen- und Ländergrenzen hinweg – Open Source dominiert die Welt.
Laut Jan Wildeboer, EMEA Evangelist bei Red Hat, ist das der wahre Verdienst von mehr als 30 Jahren Linux. Und die nächsten 30 Jahre versprechen sehr viel, mehr als viele denken mögen.
So ist die Bedeutung von Open Source und ihres immensen Potenzials gerade in der Politik und Gesellschaft noch nicht vollständig angekommen. Es passiert zwar viel auf politischer Ebene, aber oft sehr kleinteilig mit Unterstützung einzelner Upstream-Projekte, ohne dass das große Ganze gesehen wird. Auch im akademischen Bereich fehlt es an der Förderung übergreifender Open-Source-Projekte.
Ein kleines Beispiel verdeutlicht die noch vorherrschende Open-Source-Unkenntnis, und zwar die derzeit viel diskutierte Digitale Souveränität. Hier werden oft Scheingefechte rund um Prestige-Projekte geführt. Übersehen wird dabei, dass nur Open Source mit seinen offenen Prinzipien die Basis jeder Digitalen Souveränität sein kann, oder besser gesagt das Resultat von Open Source ist. Nur Open Source gewährleistet schließlich Unabhängigkeit, Interoperabilität und Vermeidung eines Vendor-Lock-ins.
Open Source steht darüber hinaus für Agilität, Flexibilität und Skalierbarkeit und erfüllt damit die Grundvoraussetzungen für die schnelle Reaktion auf veränderte Anforderungen – gerade in Krisensituationen. Die Corona-Pandemie hat dies eindrucksvoll gezeigt.
Doch was bedeutet der Open-Source-Erfolg für die Zukunft proprietärer Lösungen? Klar werden sie ihre Berechtigung behalten, vor allem für Nischenanwendungen, aber die Nischen werden immer kleiner. Auch etablierte Anbieter proprietärer Lösungen gehen verstärkt den Open-Source-Weg. Kurz- und mittelfristig werden proprietäre Anwendungen weiterhin genutzt werden, etwa bei Fachverfahren im Behördenbereich oder sicherheitskritischen Funktionen bei Kraftfahrzeugen.
Aber selbst in diesen Bereichen sehe ich Open Source in den nächsten 30 Jahren auf der Gewinnerspur. Linux-Plattformen gewinnen auch im Auto an Bedeutung und ein zentrales Linux-Betriebssystem, das über alle erforderlichen sicherheitsrelevanten Zertifizierungen verfügt, ist längst keine Utopie mehr.
Technologisch steht außer Frage, dass Open-Source-Lösungen immer mehr zum Standard in den meisten Unternehmen und auch Behörden werden. Eine Herausforderung besteht aber noch: der erforderliche Kulturwandel. Die Open-Source-Prinzipien betreffen schließlich nicht nur die Technologie, sondern vor allem auch die Prozesse und die Art der Zusammenarbeit. Das heißt, zu den Open-Source-Werten gehört eine offene Unternehmenskultur mit Prinzipien wie Transparenz, Anpassungsfähigkeit oder Kollaboration.
Eine offene Organisation lebt von transparenten Entscheidungen, einer aktiven Feedback-Kultur und einer engen Kooperation unterschiedlicher Parteien. Nicht zynisch, sondern ganz pragmatisch betrachtet, wird diese Herausforderung künftig immer geringer und in 30 Jahren kein Thema mehr sein, schließlich dringt die jüngere Generation auf den IT-Arbeitsmarkt. Sie wächst mit Open-Source-Ansätzen einer agilen Entwicklung in der IT auf – Wasserfall-Methoden werden da wohl kaum mehr eine große Rolle spielen.
Nach über 30 Jahren ist eines klar: Der Wettstreit von Open Source und proprietären Lösungen ist längst beendet, der „Kampf“ ist entschieden. Der Gewinner ist eindeutig Open Source und der Siegeszug wird weiter fortgesetzt. Open-Innovation- und Open-Source-Methoden werden immer weitere Bereiche durchdringen, selbst die Hardware bildet hier keine Ausnahme. Open-Hardware-Konzepte und Open-Source-Prozessoren zeigen, dass es spannend bleibt.