Die handschriftliche Signatur ist oft noch eine letzte analoge Hürde in digitalen Vertragsprozessen. Dementsprechend großes Marktpotenzial liegt in der Beseitigung dieses letzten Medienbruchs auf dem Weg zu einer wirklich nahtlosen Customer Journey. Allein in Europa könnte das Volumen bis 2030 auf über 10 Milliarden US-Dollar anwachsen – so die Ergebnisse einer Deloitte-Auswertung im Auftrag von Swisscom Trust Services.

Nik Fuchs, CEO von Swisscom Trust Services, interpretiert die Ergebnisse im Detail und zeigt Geschäftschancen auf, die sich daraus ergeben.

Der europäische E-Signaturmarkt könnte sich bis 2030 auf etwa 10,5 Milliarden US-Dollar versiebenfachen, ausgehend von knapp 1,5 Milliarden im Jahr 2023. Allein der deutsche Markt könnte in diesem Zeitraum von ca. 270 Millionen auf etwa 2,1 Milliarden wachsen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Marktanalyse und Prognose, die Deloitte im Auftrag von Swisscom Trust Services durchführte.

Der gesamte Signaturmarkt wurde weiter aufgegliedert in Identifikationen, Signing-Plattformen und Signaturzertifikate. In Deutschland ist dabei das Segment Signing-Plattformen besonders dominant, mit 78 Prozent Anteil am gesamten E-Signaturmarkt. Dagegen ist der Marktanteil für die Identifikationslösungen vergleichsweise gering und liegt bei lediglich sechs Prozent – für Zertifikate verbleiben demnach noch 16 Prozent Wertschöpfungsanteil.

Gerade der große Bereich „Signing-Plattform“ ist für Unternehmen interessant, die mit digitalen Signaturen zusätzlichen Umsatz erzielen wollen. Nach der Deloitte-Studie beläuft sich dieses Marktsegment in Deutschland bereits heute auf ein Volumen von mehr als 200 Millionen US-Dollar und könnte bis 2027 bereits auf 790 Millionen anwachsen. Hier besteht also großes Potential für Unternehmen, die neu in den Markt eintreten möchten.

Anbieter von DMS und ähnlichen Lösungen können E-Signaturen beispielsweise relativ leicht in ihre bestehenden Angebote integrieren und so selbst zu einer Signaturplattform werden. Für Bestandskunden dieser Firmen ist dieser Weg sehr komfortabel, da sie sich nicht mit einem neuen Anbieter auseinandersetzen müssen, um elektronische Unterschriften in ihre Prozesse zu integrieren.

Dabei müssen Dienstleister allerdings auf das Level der Signatur achten, wie wir später sehen werden. Doch zunächst einmal die Frage: Was treibt diese Entwicklung und ist die optimistische Markteinschätzung realistisch?

Trust wird zentrale Rolle in zukünftiger Digitalökonomie spielen
Je weiter sich die Wirtschaft digitalisiert, desto wichtiger werden Themen wie Identifizierung, Authentisierung und Authentifizierung – kurz Trust oder eben Vertrauen, da man gesichert verstehen will, wer im online Space sein Gegenüber ist. Um auch sensible Geschäfte über das Internet abwickeln zu können und die Daten der Bürger bestmöglich zu schützen, werden innovative Sicherheitslösungen benötigt.

Im Kontext von digitaler Verwaltung, User Experience-Fokus und papierlosem Büro aber auch CO2-Reduktion nimmt besonders die digitale Signatur als oft letzte Hürde bei der Beseitigung von Medienbrüchen eine wichtige Rolle ein. Softwarehäuser und andere Digitaldienstleister, die ein entsprechendes Angebot in ihre Services integrieren, können damit einen Mehrwert für ihre Kunden schaffen.

Diese können dann Verträge besser, schneller und günstiger abschließen als auf dem analogen Weg. Dank der durchgängigen Digitalisierung werden auch das Vertragsmanagement und die Nachverfolgbarkeit erheblich vereinfacht. All das führt zu einer optimierten UX für Kunden und ermöglicht Unternehmen gleichzeitig Kosteneinsparungen und beschleunigte Prozesse.

Dementsprechend wird nicht nur die Nachfrage steigen und sondern es entstehen auch neue Geschäftschancen für Anbieter von Signaturlösungen. Vor diesem Hintergrund ist eine positive Entwicklung des Marktes mit hohen Wachstumsraten naheliegend.

Signatur ist nicht gleich Signatur
Elektronische Unterschriften werden vom Gesetzgeber in verschiedene Abstufungen unterteilt: es gibt die einfache, die fortgeschrittene und die qualifizierte Signatur. Nach der eIDAS-Verordnung der EU ist nur die qualifizierte elektronischen Signatur (QES) einer händischen Unterschrift prinzipiell gleichgestellt und damit für Vertragsinhalte geeignet, die dem deutschen Recht nach der Schriftformerfordernis unterliegen.

Das können beispielsweise Kredit- oder Leasingverträge, aber auch befristete Arbeitsverträge sein. Darüber hinaus bringt die QES auch an anderer Stelle Vorteile: Im Zweifelsfall muss ihre Echtheit vor Gericht nicht bewiesen, sondern widerlegt werden. Unternehmen, die rechtssichere digitale Alternativen auch für sensible Bereiche der Wirtschaft anbieten möchten, sollten also unbedingt auf qualifizierte Signaturen setzen.

Allerdings steckt hinter den dafür benötigten qualifizierten Signaturzertifikaten eine komplexe Regulatorik (eIDAS Regulierung mit Tausenden Seiten). Zudem muss die Compliance laufend und – zu erheblichen Kosten – über zugelassene offizielle Auditoren geprüft werden.

Daher ist im Markt eine Konzentration auf vergleichsweise wenige Trust Service Provider zu beobachten, die sich auf die Ausstellung der anspruchsvollen Zertifikate spezialisieren. Unternehmen, die eigene Signaturlösungen umsetzen möchten, können die benötigten Zertifikate von dieser Stelle beziehen und dabei auch von der Expertise der Dienstleister profitieren.

Methodik
Deloitte schätzte basierend auf einer Marktstudie sowie mittels Annahmen und Triangulation die Größen und das Wachstum der Sub-Märkte pro Land. Zudem wurden mehr als 20 Experteninterviews geführt, um Annahmen zu validieren und qualitative Datenpunkte zu generieren. Für die untersuchten 12 Länder (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Italien, Spanien, Belgien, Polen, Rumänien, Schweden, Dänemark und Norwegen) wurden lokale Deloitte Legal Abteilungen für regulatorische Abklärungen herangezogen.

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